BLOG "Wildes Leben"
Wir berichten regelmäßig über die aktuellen Entwicklungen im Projekt, wie sich das Verhalten der Wildtiere verändert und wie Biodiversität gedeiht.
Der Blog ist ein direktes Fenster in die Natur. Er zeigt, wie nachhaltige Prozesse ablaufen und welche Geschichten sie erzählen.
Erste Einblicke in die Wildkamera-Aufnahmen
Entspannte Tiere im Schutzgebiet Bergener See
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Beitrag: Do 05. Nov. 2025
Herzlichen Dank an alle SpenderInnen, die diese Bilder möglich gemacht haben.
Die alte Fähe vom Bergener See
Ein besonderes Wolfsschicksal in Sachsen
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Ende September 2025 endete ein außergewöhnliches Wolfsleben: Die Wolfsfähe GW180f, eine der ältesten bekannten Wölfe Sachsens, wurde im Alter von 13 Jahren in der Elsterheide tot aufgefunden. Untersuchungen bestätigten, dass sie eines natürlichen Todes gestorben ist – ein seltenes, fast tröstliches Ende in einer Welt, in der Wölfe häufig durch Unfälle, Krankheiten oder menschliche Einwirkungen früh verenden.
Kerngebiet am Bergener See: GW180f stammte aus dem Rudel Milkel und gründete 2013 das Rudel Knappenrode/Seenland. Über viele Jahre hatte sie ihr Kerngebiet im Umfeld des Bergener Sees, einer Bergbaufolgelandschaft,, die als Sperrgebiet
Beitrag: Mo 13. Okt. 2025
ausgewiesen ist. Diese besondere Situation bot ihr einen idealen Rückzugsraum: ungestört, nährstoffreich und fern vom Jagddruck. Seit dem 1. April 2025 ist das Gebiet zudem offiziell jagdfrei. Heute bietet es einem neuen Rudel eine Heimat – ob es sich dabei um ihre direkten Nachfahren handelt, wird derzeit genetisch überprüft.
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Nachkommen und Rudelleben: Im Laufe der Jahre brachte GW180f zahlreiche Nachkommen zur Welt. Besonders bemerkenswert war das Jahr 2019/20: Zusammen mit ihrer Tochter GW1199f kam es zu einer Doppelreproduktion – beide Weibchen warfen Welpen. Insgesamt konnten zehn Jungtiere nachgewiesen werden. Damit war ihr Rudel eines der größten im Lausitzer Wolfsgebiet.
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Ein seltenes, langes Wolfsleben: In freier Wildbahn werden Wölfe selten älter als zehn Jahre. Dass GW180f ihr 13. Lebensjahr vollenden konnte, ist außergewöhnlich. Ihr langes Leben verdankte sie auch dem geschützten Lebensraum, den sie besiedelte. Dass sie schließlich altersgeschwächt und krank in ihrer vertrauten Umgebung bleiben durfte und nicht durch äußere Gewalt zu Tode kam, macht ihr Schicksal besonders.
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Die alte Fähe vom Bergener See zeigt, wie wertvoll störungsarme Rückzugsgebiete in unserer Kulturlandschaft sind. Ihr Leben steht für Anpassungsfähigkeit und für die Bedeutung von störungsfreien Ökosystemen. Ihr Vermächtnis lebt in ihren Nachkommen – und vielleicht sogar im neuen Rudel am Bergener See – weiter.
Fledermaus-Schutz
Vom Tagebau zum attraktiven Lebensraum
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Das Projekt „Wildes Lebes“ verfolgt die Vision, jagdfreie und störungsarme Ökosysteme zu schaffen, in denen sich vor allem auch bejagbare Tierarten ungestört entwickeln können. Ein eindrucksvolles Beispiel für diese Idee findet sich im Lausitzer Seenland bereits seit 2005, wo sich ehemalige Tagebauflächen innerhalb weniger Jahre in wertvolle Lebensräume für Fledermäuse verwandelt haben.
Fledermäuse reagieren sensibel auf die Qualität einer Landschaft, da sie sowohl auf ein reiches Nahrungsangebot als auch auf geeignete Unterkünfte angewiesen sind. Ihre Rückkehr und wachsende Vielfalt zeigen eindrucksvoll, wie die Bergbaufolge-landschaft zu einem Rückzugsort für mittlerweile zahlreiche Tierarten geworden ist.
Beitrag: Mi 01. Okt. 2025
Fledermäuse wie der Große Abendsegler (Nyctalus noctula), die Wasserfledermaus (Myotis daubentonii) sowie die Bartfledermäuse (Myotis brandtii, Myotis mystacinus) gehören zu den zentralen Zielarten der Naturschutzprojekte im Lausitzer Seenland.
Der Große Abendsegler jagt bevorzugt große Fluginsekten wie Nachtfalter und Käfer, die er in offenen Lufträumen über Wiesen, Waldrändern oder Gewässern erbeutet. Als Quartiere nutzt er alte Baumhöhlen, die er in strukturreichen Wäldern findet. Die Wasserfledermaus hingegen hat sich auf die Jagd direkt über Wasserflächen spezialisiert, wo sie Mücken, Köcherfliegen und andere Kleininsekten erbeutet. Sie ist auf freie Wasserflächen angewiesen und findet Unterschlupf in Baumhöhlen oder auch in Bauwerken wie Brücken. Die Bartfledermäuse wiederum sind echte Waldbewohner, die sich von kleinen Insekten wie Mücken, Fliegen und Zikaden ernähren. Sie brauchen strukturreiche Landschaften mit Hecken und Waldrändern und nutzen Spaltenquartiere in Bäumen oder Gebäuden.
Zwischen 2005 und 2024 wurden in der Bergbaufolgelandschaft der Gemeinde Elsterheide zahlreiche Projekte umgesetzt, die sich positiv auf die Fledermausfauna ausgewirkt haben. Der ökologische Waldumbau, die Aufwertung von Waldrändern und die Schaffung vielfältiger Lebensraummosaike haben die Landschaft erheblich strukturiert. Dadurch entstanden mehr Quartiermöglichkeiten und bessere Orientierungsstrukturen für jagende Fledermäuse.
In dieser Zeit sind nicht nur bestehende Arten aktiver geworden, sondern auch neue hinzugekommen. So konnten unter anderem die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus), das Große Mausohr (Myotis myotis), der Kleine Abendsegler (Nyctalus leisleri) sowie die Langohren (Plecotus sp.) nachgewiesen werden. Diese Arten spiegeln die Vielfalt der Jagd- und Lebensstrategien wider: Die Mopsfledermaus spezialisiert sich auf Kleinschmetterlinge in alten Mischwäldern, das Große Mausohr sammelt Laufkäfer und andere Bodeninsekten direkt vom Waldboden, der Kleine Abendsegler jagt in baumreichen Landschaften nach Faltern und Mücken, und die Langohren sind für ihre Fähigkeit bekannt, Insekten direkt von Blättern abzusammeln. Dass die Rufaktivitäten der Fledermäuse zwischen 2005 und 2022 stark zugenommen haben, hängt vermutlich mit dem wachsenden Nahrungsangebot an Insekten zusammen.
Das Monitoring der Tiere erfolgt dabei besonders wildtierfreundlich. Statt Fangmethoden kommt ein moderner Fledermausdetektor zum Einsatz, der die Ultraschallrufe der Tiere hörbar macht, mehrere Rufe gleichzeitig aufzeichnen und die Arten anhand ihrer Frequenzen bestimmen kann. Er dokumentiert die Aktivität der Fledermäuse präzise, speichert die Daten digital und ermöglicht so ein schonendes, aber aussagekräftiges Monitoring über all die Jahre hinweg.
Die zunehmende Präsenz verschiedener Fledermausarten macht deutlich, wie sich die ehemalige Bergbaufolgelandschaft Schritt für Schritt in einen wertvollen Lebensraum verwandelt hat. Sie ist heute nicht nur für Fledermäuse attraktiv, sondern bietet auch zahlreichen anderen Tierarten neue Chancen. Mit gezielten Naturschutzmaßnahmen konnte aus einer beanspruchten Industrielandschaft ein vielfältiger Naturraum entstehen.
Wölfe kehren ins Schutzgebiet zurück
Bergener See wird erneut Lebensraum eines Wolfsrudels
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Das Schutzgebiet Bergener See ist seit vielen Jahren für seine Wolfspräsenz bekannt. Im Jahr 2022 war das Knappenrode-Seenland-Rudel hier besonders aktiv. Zwei Fähen zogen in dieser Zeit gemeinsam sieben Welpen auf, angeführt von einer erfahrenen Leitfähe, die mit acht Jahren bereits ein hohes Alter erreicht hatte.
In den vergangenen beiden Jahren wurde das Gebiet nicht mehr als Kernzone genutzt. Nur einzelne Wölfe durchstreiften die Landschaft, ohne sich dauerhaft niederzulassen. Umso erfreulicher ist die Entwicklung in diesem Sommer: Eine kleine Wolfsfamilie mit drei erwachsenen Tieren und zwei Welpen hat dieses Schutzgebiet nun wieder als festen Lebensraum gewählt.
Beitrag: Mi 17. Sept. 2025
Besonders spannend war eine Beobachtung im Rahmen des Monitorings: Während in diesem Gebiet auch Rinder hinter einem wolfssicheren Zaun weideten, konnte nur wenige hundert Meter entfernt das neue Rudel beim Naschen von Birnen beobachtet werden. Die Aufnahme im Gebiet zeigt, wie nah beieinander landwirtschaftliche Nutzung und wilde Natur existieren können.
Um mehr über die Herkunft der Tiere zu erfahren, haben wir eine Kotprobe an das LUPUS-Institut weitergegeben. Die genetische Analyse soll Aufschluss darüber geben, welchem Rudel die Wölfe zugeordnet werden können. Zurzeit leben drei erwachsene Tiere und zwei Welpen im Schutzgebiet Bergener See. Die Aufnahme, die wir mit euch teilen, stammt vom August 2025. Wir halten euch auf dem Laufenden.
Wildtierschonendes Monitoring
Gemeinsam beobachten, gemeinsam verstehen
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Wie reagieren Wildtiere, wenn sie in einer störungsarmen Umgebung leben können?Kehren verdrängte Arten zurück, verändern sich ihre Bewegungsmuster oder sogar soziale Strukturen? Genau solchen Fragen geht das Projekt „Wildes Leben“ nach. Im Mittelpunkt steht die Suche nach Antworten, die uns zeigen, wie Tiere unsere Landschaft nutzen – und wie sich ein Ökosystem entwickelt, wenn wir es weitgehend sich selbst überlassen.
Um diese Fragen zu beantworten, setzen wir auf Methoden, die wissenschaftlich belastbare Daten liefern und gleichzeitig die Tiere schonen. Wir beobachten entlang fester Routen, kartieren Spuren und Losungen, führen Zählungen durch, nehmen Rufe mit autonomen Rekordern auf und nutzen Wildkameras mit unsichtbarem
Beitrag: Mo 1. Sept. 2025
Infrarotblitz. Auch genetische Analysen von Losungen, zum Beispiel beim Wolf, helfen uns, Arten oder sogar Individuen eindeutig zu bestimmen. In seltenen Fällen setzen wir Drohnen ein – stets aus sicherer Distanz und nur, wenn keinerlei Reaktionen der Tiere erkennbar sind. Grundsatz bleibt: Abstand halten, Ruhe bewahren, jede Beobachtung abbrechen, sobald Anzeichen von Stress sichtbar werden.
Mindestens genauso wichtig ist das passive Monitoring, indem Sie als Besucherin oder Besucher mit Sichtungsmeldungen wesentliche Kenntnisse beitragen können. An einem festen Aussichtspunkt, den die Tiere seit vielen Jahren kennen, sind Beobachtungen möglich, ohne Stress zu verursachen. Dort können Arten, Gruppengrößen oder Verhaltensweisen notiert und an uns weitergegeben werden. Diese Meldungen sind ein entscheidender Baustein, denn sie helfen, ein großes und vielfältiges Bild zu zeichnen, das wir allein nie erreichen könnten. Jede Beobachtung trägt dazu bei, die Natur besser zu verstehen.
Alle gesammelten Daten werden nach wissenschaftlichen Standards ausgewertet: mit wiederholten Erhebungen, klaren Protokollen und einer sorgfältigen Trennung zwischen qualitativen und quantitativen Informationen. So können wir Doppelzählungen vermeiden und die Ergebnisse realistisch einschätzen.
Ganz bewusst verzichten wir auf invasive Methoden wie Telemetrie, Fang oder Beringung.
Das Projekt „Wildes Leben“ lebt vom Miteinander. Wir bedanken uns herzlich bei allem, die uns dabei unterstützen: Wer am Aussichtspunkt in die Landschaft schaut, aufmerksam lauscht und seine Beobachtungen teilt, hilft uns, das wilde Leben vor unserer Haustür sichtbar zu machen. Gemeinsam entsteht so ein Mosaik voller faszinierender Geschichten – von Tieren, die unsere Landschaft seit Jahrhunderten prägen und die wir auch für die Zukunft bewahren wollen.
Wir danken euch von Herzen für eure Unterstützung!